Ein Kommentar zur aktuellen Stimmung im Fanlager von @marcoklex

Was war das für ein Sommer. Wir freuten uns auf die neue Saison. Manch einer hatte „richtig Bock“ auf die neue Saison. Mit Brobbey wurde ein Topnachwuchsstürmer geholt und mit Silva wurde ein gnadenloser Knipser verpflichtet, der uns – und zwar sicher – 30 Tore bescheren wird. In der Abwehr versprühte der dauerlächelnde Simakan täglich gut Laune und erfreute uns Fans mit klaren Bekenntnissen zu RB Leipzig und mit roten Haarspitzen. Auf der rechten Seite wird uns Gvardiol noch flexibler über die Außen kommen lassen und Szoboszlai – unser Quasineuzugang – kompletierte unseren „Besten Kader aller Zeiten“. Dazu hatten wir einen Menschenfänger als Coach verpflichtet, der nach den müden letzten Kicks unter Julian Nagelsmann dem Kader wieder Leben einflößen wird, der die RB-DNA verkörperte und dem Team einimpft, der wieder mit Spaß und Hurra Fußball spielen lassen wird.

Zudem wurde zum Saisonauftakt das Fanherz mit einer Stadionmodernisierung beglückt die fast keine Wünsche mehr offen ließ. Das wird eine Supersaison, da konnte es keinen Zweifel geben. Und so trübte kein Wölkchen den Himmel über unseren geliebten Rasenballsportverein. Da konnte nichts schiefgehen.

Stimmung unter RB Fans im Sommer

Doch jetzt nach zehn Spieltagen befindet man sich mit 15 Punkten auf Rang acht der Fußball Bundesligatabelle nicht nur Außerhalb der Championsleagueplätze, sondern gänzlich außerhalb des internationalen Geschäfts. Satte 10 Punkte hinter den Bayern. Das Ausscheiden aus der Championsleague in der Gruppenphase ist wahrscheinlich und selbst Rang 3 und damit das Weiterspielen in der Euroleague wird schwer. Man gab Punkte her gegen Mainz 05, VFL Wolfsburg, Bayern München, 1. FC Köln und Freiburg. Von Zehn spielen konnte man also fünf nicht gewinnen. Und wenn man gewann, waren es meist Arbeitssiege über deren Zustandekommen oft das gute Ergebnis hinwegtäuschte. Im DFB-Pokal steht man zwar in der dritten Runde, doch waren die Auftritte gegen Sandhausen und Babelsberg auch mehr Sorgenfalten, als dass sie Anlass zur Euphorie gaben.

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Nach Jahren des Sonnens im Erfolg nun also eine erste Delle in der Entwicklung von RB Leipzig. Wolken ziehen auf über Cottaweg und Festwiese.

Stimmung unter RB Fans am 10. Spieltag

In den bisherigen Jahren stand die RB Leipzig Fanblase eng Schulter an Schulter beisammen. Gegen Anwürfe von außen passte und passt kein Blatt zwischen uns. Das und die Tatsache, dass man national* (anders als die z.B. Bayern oder der BVB) keine große Fanbasis hat, macht uns zu einer besonders familiären Fancommunity in der man sich kennt und sieht und eben wenig anonym ist. Da schmerzt es natürlich besonders und macht betroffen, wenn nun Kritik aus den eigenen Reihen kommt.

*beste Grüße an die rühmlichen Ausnahmen im Schwabenland, den Niederlanden und der Bundeshauptstadt

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Und zu Kritik aus den eigenen Reihen gab es bisher ja selten Anlass und wenn überhaupt dann nur auf sehr hohen Niveau. Und es scheint als wären wir „dafür noch nicht bereit“ und als müssten wir den Umgang damit „noch lernen“.

Während die einen die Lernkurve zur Erkenntnis, dass es stottert im RB-Motor, langsam und bedächtig nehmen, driften die anderen zügig durch und haben die nächste Kurve bereits im Blick, während die dritten – jede Existenz einer Kurve verneinend – immer noch geradeaus fahren. Alles drei sind Strömungen die völlig normal sind in einer Diskussion und es wäre wünschenswert, wenn man sich mit den jeweiligen Meinungen gegenseitig respektiert. Doch die Wirklichkeit ist anders. Während die einen sich so in ihrer Ironie eingrooven, dass selbst der ironie- und sarkasmuserfahrene Autor dieser Zeilen sich nicht immer sicher ist, wie es gemeint ist, und die nächsten sich in der Technik üben zwischen den Grenzen der Ironie und des Sarkasmus hin und her zu funken, und hierbei vielleicht manchmal übers Ziel hinaus schießen, verhalten sich andere wie die Schafe in George Orwells „Farm der Tiere“ deren Aufgabe es war bei Unruhen in den Versammlungen sofort und ausdauernd „Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“ zu blöken. Das Totschlagargument bei Kritik am derzeitigen Kurs lautet sofort: „Du elender Eventfan…dann geh doch zu den Bayern.“ Ich denke, niemand von uns möchte ein Schaf sein und sollte begreifen, dass man sich mit Kritik erstmal inhaltlich beschäftigen sollte.

Die Diskussionen werden persönlich genommen und schaukeln sich hoch bis zu dem Moment wo der eine Rasenballsportfreund den nächsten auffordert das ganze doch mal persönlich vor Ort endgültig zu klären. Was sich wie eine Schlägereiaufforderung liest. Auch wenn ich glaube, dass das so sicher nicht gemeint war, so zeigt es doch wie sehr es Zeit ist rhetorisch abzurüsten.

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Das war auch zu beobachten, als ganz kürzlich eine Sportsfreundin ihren Unmut über die derzeitige Situation im Fanlager kundtat und dabei ganz entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit auch drastischere Worte dabei fand. Der Rat den sie bekam war, dass sie ja in ihrer eigenen Hood bleiben könne, wenn es ihr außerhalb nicht gefällt. Das ist mir dann doch auch ein bißchen zu wenig Selbstreflexion von der anderen Seite. So ganz unwahr ist es jedoch auch wieder nicht.

Wie schon erwähnt geht es bei uns sehr familiär zu und aufgrund der ständigen Anwürfe von außen herrscht auch ein größeres Harmoniebedürfnis. Und so ist der Tonfall untereinander größtenteils immer noch von Respekt geprägt und die Diskussionen verlaufen recht friedlich. Aber gerade das Familiäre macht uns anfällig für persönliche Verletzungen, weil uns da der Panzer noch fehlt, wenn es doch mal untereinander etwas Härter zur Sache geht. Und das kann in der Hitze des Wortgefechts nun mal vorkommen.

Wer es als ungewöhnlich betrachtet, dass untereinander diskutiert wird und auch mal Wogen hochschlagen, dass Trainer und Konzepte hinterfragt werden, dem empfehle ich mal einen Blick über den Tellerrand. Unter #Kovacout kann man immer noch nachlesen wie die Wortwahl und der Umgang anderswo sich entwickeln, wenn es mal nicht so läuft. Oder in Regionen in denen die Wortwahl traditionell etwas robuster ausfällt. #B04 ist da aktuell sehr empfehlenswert.

Dass wir weiterhin ein familiärer und eingeschworener Haufen bleiben ist die Aufgabe von uns allen. Hier müssen wir tatsächlich lernen angemessen Kritik zu äußern und ebenso angemessen diese anzunehmen. Wenn wir den Respekt voreinander Bewahren, auf der einen Seite abrüsten und auf der anderen nicht so empfindlich reagieren wird uns das gelingen.

Das wäre ganz fanfantastisch.

Kategorien: Fans

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